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    Unsere Position: Kraftwerkskohle

    Unsere Position: Kraftwerkskohle

    31. Mai 2022 Nachhaltigkeit

    Kohleverstromung

    Insight bietet seinen Kunden zur Erreichung ihrer Anlageziele einen Ansatz, der sich von anderen in einem Punkt deutlich unterscheidet. Priorität hat die Gewissheit, dass die gesteckten Ziele tatsächlich realisiert werden können. Damit setzen wir bewusst einen Gegenpol zu der sonst üblichen Maxime, die Rendite zu maximieren und die Volatilität zu minimieren. Als verantwortungsvolle Hüter des Vermögens unserer Kunden stellen wir die Prämisse, das „Richtige zu tun“, in den Mittelpunkt all unseres Handelns.

    Eine der größten Herausforderungen, vor denen wir gegenwärtig stehen, ist der Klimawandel. Er ist einzigartig in seiner Komplexität, den vielen Unsicherheiten und der Gefahr der Wertvernichtung in großem Stil – aber auch mit Blick auf die Chancen, die er Anlegern eröffnet. In vielen Ländern spaltet der Klimawandel die Gesellschaft kulturell und intellektuell. Als globales Unternehmen wissen wir, dass wir für die Bedürfnisse unserer Kunden überall auf der Welt sensibel sein müssen, sollten sich doch in unseren Strategien die Interessen der Menschen widerspiegeln. Uns ist gleichermaßen bewusst, dass Herausforderungen wie der Klimawandel nicht bewältigt werden können, ohne dass auch Akteure wie Insight ihren Beitrag dazu leisten. Aus diesem Grund sind wir 2021 der NZAM-Initiative („Net Zero Asset Managers Initiative“)1 beigetreten. Im Folgenden legen wir die Haltung unseres Unternehmens zum Thema Kohlestrom erstmals explizit dar.

     

    Kontext

    Der sechste Sachstandsbericht des Weltklimarats (engl. „Intergovernmental Panel on Climate Change“, IPCC)2 von 2022 ließ keinen Zweifel daran, dass vom Menschen verursachte Treibhausgasemissionen für die Erderwärmung und das damit verbundene Klimageschehen verantwortlich sind. Sofern es nicht gelingt, diese Emissionen innerhalb kurzer Zeit massiv zu reduzieren, wird das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf ca. 1,5 oder auch nur 2 Grad Celsius unerreichbar.3 Die Schäden, die durch einen Temperaturanstieg dieser Größenordnung für die Umwelt, aber auch für die Gesellschaft und die Finanzmärkte entstehen würden, sind gut dokumentiert. Als Hüter des Vermögens unserer Kunden haben wir die Aufgabe, ein solches Szenario zu verhindern, und ein Ausstieg aus der Kohleverstromung spielt dabei eine zentrale Rolle.

    Warum Kohlestrom?

    Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA)4 gehen mehr als 0,3°C des Anstiegs der durchschnittlichen globalen Oberflächentemperaturen um 1°C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf das Konto von Kohlendioxid, das bei der Kohleverbrennung entsteht. Damit leistet diese den größten Einzelbeitrag zum anthropogenen Klimawandel. Noch heute spielt Kohlestrom eine bedeutende Rolle im globalen Energiemix, mit einem Anteil an der gesamten Stromerzeugung von rund 40%. Ein Viertel der weltweiten Kohlendioxidemissionen ist ihm zuzuschreiben. Anders als andere Branchen, die in dieser Hinsicht über weniger Optionen verfügen, gibt es bei der Stromerzeugung wirtschaftlich tragfähige Alternativen, wie die fallenden Preise erneuerbarer Energien belegen (wenngleich noch Probleme mit der Zuverlässigkeit und Speicherung bestehen). Kurz gesagt stellt die Kohleverstromung in einer Zeit, in der die Menschheit den Verbrauch fossiler Energien dringend reduzieren muss, aus unserer Sicht keine langfristig geeignete Energiequelle dar. Wir glauben deshalb, dass auch Unternehmen, in deren Geschäftsmodell die Kohleverstromung große Bedeutung hat, auf lange Sicht keine Zukunft haben. Dabei denken wir nicht nur an die beträchtlichen finanziellen Risiken für direkt gehaltene Titel, sondern auch an die indirekten systemischen Risiken, die aus solchen Investments resultieren.

    Wir haben vor, dieses Positionspapier im Laufe der Zeit zu erweitern und auch andere fossile Energien einzubeziehen. Auf Grund fehlender Daten, besonders zu Scope-3-Emissionen, ist dies zurzeit noch schwierig. In der Thematisierung der Kohleverstromung sehen wir jedoch einen wichtigen ersten Schritt.

    Ausstieg aus der Kohleverstromung

    Aus unserer Sicht erfordert die Kohlestrom-Abhängigkeit von Unternehmen beziehungsweise deren Betätigung in dem Sektor allein schon wegen der möglichen finanziellen Risiken ein Handeln. Ein kritischer Dialog hat dabei unseres Erachtens bessere Chancen, etwas zu bewirken, als das Abstoßen von Wertpapieren. Konstruktive Gespräche mit Unternehmensleitungen spielen in unserem Investmentansatz eine wichtige Rolle. Wo immer möglich, setzen wir auf eine Zusammenarbeit mit Emittenten, um für alle Seiten positive Veränderungen zu erreichen: für das jeweilige Unternehmen, für unsere Anleger und für die Gesellschaft als Ganzes. Uns ist jedoch bewusst, dass die Zeit knapp und schnelles Handeln geboten ist, wenn es um das Klima geht. In diesem Kontext werden wir, vorbehaltlich unseres Screening-Prozesses und der verfügbaren Daten, mit der schrittweisen Beendigung unseres Engagements in Kohleunternehmen5 in den relevanten Portfolios (siehe Abschnitt „Anwendungsbereich“) beginnen. Abgeschlossen sein soll der Ausstieg bei Emittenten mit Sitz in der OECD bis 2030 und bei Emittenten mit Sitz in anderen Ländern bis 2040. Das entspricht dem Ziel des Weltklimarats (IPCC), die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Berücksichtigt werden überdies die Erfordernisse eines „gerechten Übergangs“ zur Klimaverträglichkeit, wie sie im Pariser Abkommen dargelegt sind.

    Screening

    Beginnen wird unser Ausstieg mit einem ersten Screening, das sich auf gehaltene Titel mit erheblicher Kohlestrom-Abhängigkeit richtet. Anhand von internem und externem Research werden wir zunächst Emittenten unter die Lupe nehmen, deren Abhängigkeit beziehungsweise Betätigung in dem Sektor die nachstehend definierten Grenzen überschreitet. Voraussichtlich werden die Schwellenwerte im Laufe der Zeit weiter gesenkt:

    Tabelle 1: Unternehmen, die Kraftwerkskohle fördern

    Merkmale Schwellenwert
    Umsatz >5%
    Förderumfang in Tonnen 10mio.
    Neue Kohlebergwerke Mindestens ein Projekt

    Tabelle 2: Unternehmen, die Kohlekraftwerke betreiben

    Merkmale Schwellenwert
    Umsatz OECD >20%, Rest der Welt >30%
    Kapazität in Gigawatt 5
    Neue Kohlekraftwerke Mindestens ein Projekt
    Liegt eines dieser Merkmale vor, wird das Unternehmen in unsere Exposure-Liste aufgenommen.

    Überprüfung und Auswahl

    Nach Erstellung der Exposure-Liste werden wir die Dekarbonisierungspläne möglichst sämtlicher dieser Unternehmen überprüfen und dabei insbesondere ihre Zeitpläne für den Ausstieg aus der Kohleverstromung in den Blick nehmen. Wir haben vor, mit der Überprüfung bei denjenigen Emittenten zu beginnen, bei denen die Kohleverstromung den größten Anteil am Umsatz hat. Für die nächsten Jahre können wir uns sowohl eine Senkung der Schwellenwerte als auch eine stärkere Gewichtung der relativen Bedeutung von Bruttoemissionen, Kapazität und neuen Projekten vorstellen. An diesem Punkt im Prozess geht es darum, Unternehmen ausfindig zu machen, die keinen geeigneten Plan für einen Kohlestrom-Ausstieg im zugesagten Zeitrahmen haben und bei denen wir entscheiden müssen, ob ein Dialogversuch sinnvoll erscheint oder ob das Investment abgestoßen werden sollte. Schon jetzt befinden sich in unseren Portfolios nur relativ wenige Titel, die auf dieser Liste auftauchen würden, denn eine Klimarisiko-Bewertung ist nicht erst seit Kurzem in unseren Investmentprozess integriert.

    Unternehmen, deren Dekarbonisierungs- und Ausstiegspläne im Einklang mit dem festgelegten Zeitrahmen stehen, setzen wir auf eine „Watchlist“. Bei ihnen versuchen wir festzustellen, inwieweit sie Fortschritte in Richtung der Ziele machen. Wir würden an einem Investment möglicherweise festhalten, auch der Aufbau neuer Positionen kommt prinzipiell in Betracht.

    Bei Unternehmen mit Dekarbonisierungs- und Ausstiegsplänen, die uns jedoch zeitlich nicht ambitioniert genug erscheinen, werden wir uns um einen strukturierten Dialog mit klar definierten Zielvorgaben für jedes Jahr bemühen. Diese Vorgaben sollten eingehalten werden, damit auch unsere Ziele am Ende erreicht werden können. Geschieht dies nicht, setzen wir das betreffende Unternehmen auf eine „Divestment Watchlist“. Es hat dann zwölf Monate Zeit, um wieder auf den erwarteten Ausstiegspfad zurückzukehren. Wertpapiere eines Unternehmens, das die Vorgaben länger als zwölf Monate verfehlt, können abgestoßen werden, wenn wir das Versäumnis als Zeichen dafür werten, dass ein bedeutender Risikofaktor nicht wirksam gemanagt wird und dadurch finanzielle Nachteile drohen.

    Abbildung 1: Vorgesehener Zeitplan*

    Vorgesehener Zeitplan

    *Wir werden uns bemühen, den Ausstieg aus Investments in Kohleunternehmen im angegebenen Zeitrahmen (bei OECD-Ländern bis 2030, bei allen anderen Staaten bis 2040) zu realisieren. Die einzelnen Umsetzungsschritte sollen jedoch nur zur Veranschaulichung dienen, und Änderungen sind jederzeit möglich, insbesondere auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder veränderter Marktstrategien.

    Gerechter Übergang

    Uns ist bewusst, dass die genannten Ziele sehr ambitioniert und komplex sind. Die jüngsten Probleme bei der Energieversorgung haben die derzeitige Abhängigkeit von Kohlestrom in den Fokus gerückt. Viele Schwellen- und Entwicklungsländer stehen ohne diese Ressource vor ernsten Energieengpässen. Wir haben deshalb für Emittenten mit Sitz außerhalb der OECD einen längeren Zeithorizont festgelegt. Im Rahmen der Analyse von Ausstiegsplänen werden wir auch die Frage stellen, was Unternehmen in Ländern oder Regionen, die von Kraftwerkskohle und Kohleverstromung wirtschaftlich besonders abhängig sind, für einen gerechten Übergang tun.

    Finanziers im Kohlesektor

    Neben dem schrittweisen Ausstieg aus der direkten Kohlefinanzierung suchen wir auch den Dialog mit Finanzinstituten, die den Sektor weiterhin finanzieren. Ziel ist es dabei, sie zur Beendigung dieses Geschäfts zu bewegen. Als wichtiger Investor in vielen Finanzinstituten (und auch als Kontrahent vieler Institute) haben wir durchaus Möglichkeiten, hier etwas zu bewirken und zu Veränderungen beizutragen.

    Als Erstes werden wir unser Engagement in den bedeutendsten Finanzinstituten, die an Abbau oder Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung beteiligt sind, anhand interner und externer Daten analysieren. Anschließend wird ein darauf aufbauendes Dialogprogramm initiiert, um die Effektivität des jeweiligen Ausstiegsvorhabens zu überprüfen. Wo Defizite ans Licht kommen, werden wir versuchen, die Akteure zum Umsteuern zu bewegen. Letztes Mittel wäre ein Abzug von Kapital beziehungsweise ein Rückzug von Transaktionen, falls wir den Eindruck gewinnen, dass Risiken im Zusammenhang mit der Finanzierung und Versicherung von Kohleförderung und -verstromung nicht ausreichend bedacht und reduziert werden.

    Anwendungsbereich

    Wir haben vor, den in diesem Dokument dargelegten Ansatz als sinnvollen Beitrag zum Risikomanagement in allen separat und gemeinsam verwalteten Portfolios anzuwenden, in denen Unternehmensbeteiligungen gehalten werden – es sei denn, ein Kunde verlangt oder weist ausdrücklich etwas anderes an oder wir sind der Meinung, dass der Ansatz mit dem Mandat beziehungsweise der Strategie (einschließlich der Anlageziele und -richtlinien des Kunden oder Fonds) nicht vereinbar ist.  

    Etwaige Ausschlüsse, die wir auf Grund des vorliegenden Positionspapiers anwenden, unterliegen stets dem zwischen unseren Kunden und uns vereinbarten Mandat. An den Verträgen, die wir mit unseren Kunden geschlossen haben, ändert sich durch dieses Positionspapier nichts.

    Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich der Ansatz ausschließlich auf physische Instrumente von Unternehmen sowie auf Derivate auf einzelne Adressen bezieht. Häufig variiert die Beteiligung von Emittenten an der Kohleverstromung, und Insight wird vor Anlageentscheidungen stets die Relevanz im jeweiligen Fall berücksichtigen.

    Bei Investments, die auf systematischen Managementstrategien – physischen oder synthetischen – ohne verbindliche ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) für Kohlestrom basieren, wird der Ansatz möglicherweise nicht angewandt. Nicht abgedeckt sind durch den hier beschriebenen Ansatz auch indirekte Exposures über Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen.

    Responsible Horizons

    Während manche Anleger nichts gegen Investments in Unternehmen einzuwenden haben, die sich in einer Phase des Übergangs befinden, sehen andere durch Anlagen im Bereich Kohlestrom eine „rote Linie“ überschritten.

    Für Letztere wenden wir in unseren Responsible-Horizons-Strategien (und einer Reihe individuell konzipierter, kundenspezifischer separater Portfolios) eine Ausschlussrichtlinie an. Diese verhindert Investments in Bergbauunternehmen, die mit Kohle mehr als 5% ihrer Umsätze erzielen, und in Versorgern, die mit Kohlestrom mehr als 10% ihrer Umsätze generieren – es sei denn, es handelt sich bei dem in Frage stehenden Wertpapier um eine so genannte „Use-of-Proceeds“-Anleihe, die Teil eines klar formulierten Dekarbonisierungsplans des betreffenden Unternehmens ist.

    Wir werden diese Schwellenwerte im Blick behalten und in dem Maße, wie globale Dekarbonisierungstrends an Kraft gewinnen, nach unten korrigieren.

    Aktualisierungen

    Unsere in diesem Positionspapier eingegangenen Verpflichtungen unterliegen expliziten vertraglichen, regulatorischen und gesetzlichen Vorgaben, an die wir gebunden sind – auch in Bezug auf das Portfolio, den Fonds beziehungsweise das Produkt. Das Positionspapier kann von Zeit zu Zeit überprüft und nach unserem Ermessen geändert oder neu gefasst werden. Letzteres kann beispielsweise geschehen, wenn unseres Erachtens eine solche Änderung oder Neufassung im besten Interesse der Kunden ist beziehungsweise wenn sie guter Branchenpraxis entspricht, oder sie kann auf Grund der Änderung von Gesetzen oder Vorschriften notwendig sein oder erfolgen, um Empfehlungen eines einschlägigen Branchenverbands zu berücksichtigen. Alle aktualisierten Fassungen werden an dieser Stelle veröffentlicht.

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